Max Reger Fünf Duette

  1. „Nachts“
    Ich [wandre]1 durch die stille Nacht,
    Da schleicht der Mond so heimlich sacht
    Oft aus der dunklen Wolkenhülle,
    Und hin und her im Tal,
    Erwacht die Nachtigall
    [Dann]2 wieder alles grau und stille.
    O wunderbarer Nachtgesang,
    Von fern im Land der Ströme Gang,
    Leis Schauern in den [dunklen]3 Bäumen —
    Wirr’st die Gedanken mir,
    Mein irres Singen hier
    Ist wie ein Rufen [nur]4 aus Träumen.
  2. „Abendlied“
    Über allen [Gipfeln]1 Ist Ruh‘,
    In allen Wipfeln
    Spürest du Kaum einen Hauch;
    Die [Vögelein]2 schweigen im Walde.
    Warte nur, balde Ruhest du auch.
  3. „Sommernacht“
    Tausend goldne Sterne glänzen
    an des Abendhimmels Pracht,
    duftig liegst du ohne Grenzen,
    märchenschöne Sommernacht.
    Jubeln möcht‘ ich,
    doch ich neige still das Haupt zum Erdengrund;
    wenn die Himmel reden, schweige,
    schweig du armer Menschenmund.
  4. „Gäb’s ein einzig Brünnelein“
    Gäb’s ein einzig Brünnelein auf der weiten Erden,
    mancher litte Durstes Pein ohn‘ erlabt zu werden.
    Aber Brünnlein ohne Zahl laden ein zum Genusse,
    springen von Gebirg zu Tal lustig hin zum Flusse.
    Gäb’s ein einzig Bürschlein gut auf der weiten Erde,
    da verzagte wohl der Mut mancher Jungfrau werte.
    So giebt’s Bürschlein auch genug.
    Du bist nicht der eine,
    dünkst dich schön und gar so klug,
    bist’s nicht den ich meine.
  5. „O frage nicht!“
    O frage nicht in bitt’rem Harm,
    warum du ohne dein Verschulden an Sorgen reich,
    an Freuden arm, so viel des Elends mußt erdulden.
    Warum?
    Du marterst dich vergebens
    und bringst doch nicht ein Fünkchen licht
    ins dunkle Rätsel deines Lebens.
    Drum dulde still und frage nicht.
    O frage nicht in bangem Schmerz,
    wenn bitt’re Leiden dich bedrücken,
    warum dein armes schwaches Herz erhoffte
    Freuden nicht beglücken. Frag‘ nicht,
    warum es deinem Leben
    an Glück und Sonnenschein gebricht?
    Dir ward ein Menschenlos gegeben.
    Drum dulde still und frage nicht.