Charles-Valentin Alkan, 200 Jahre später

Es bleibt eine offene Frage, warum und aus welchen Gründen Komponisten bekannt werden, in Vergessenheit geraten, oder schlimmstenfalls niemals eine Chance bekommen.

Zuerst eine subjektive Abgrenzung, leider muss ich eine Trennlinie zwischen den romantischen Kleinstmeistern wie Kalkbrenner, Döhler, Thalberg, etc. und den bedeutenderen Figuren wie beispielsweise Alkan, Hummel und Henselt ziehen. Letztgenannte haben immerhin eine Reihe von Werken geschrieben, die es mit Schumann, Chopin und Liszt aufnehmen können. Beispielsweise schrieb Adolf Henselt nur sehr wenig, aber nebst zwei Etüdensammlungen das grossartige Klavierkonzert f-Moll Op.16, welches ich ausserordentlich liebe und sehr gerne spiele.
Unter diesen musikalischen „Sauriern“ des 19. Jahrhunderts ist Charles-Valentin Alkan sicherlich die interessanteste Figur.
Über sein Leben ist – abgesehen von einigen wenigen Fakten – so gut wie nichts bekannt. Daher erspare ich ihnen die Nacherzählung seiner Biographie, weiterführende Informationen finden sie hier:


Charles-Valentin Alkan, Wikipedia
The Alkan Society
piano.francais.free.fr/alkan/partitions


Ergiebiger scheint mir, anhand der Analyse einiger Werke, verschiedene Aspekte seines langen Lebens hervorzuheben.

Die Unterkapitel sind:
Einführung in den Stil -1- (15.12.2013)
Einführung in den Stil -2- (22.12.2013)
Einführung in den Stil -3- (29.12.2013)
Alkans Makrokosmos, 64 Esquisses (motifs) Op.63 (12.01.2014)
Die Tempoangaben, Exzesse an der Wahrnehmungsgrenze (19.01.2014)
Einsichten und Perspektiven (26.01.2014)

Um auf die zuerst genannte Frage doch einzugehen, der entscheidende Faktor nach der Langlebigkeit ist in aller Regel die Qualität der Musik. Damit ist die Fähigkeit gemeint, Zeitgeist, Leben und Persönlichkeit in Tönen darstellen zu können.

Im Falle Alkans erwarte ich erheblichen Widerspruch, sowohl sein Ernst wie sein Humor werden oft missverstanden. Gerade die Pianisten selbst sind hier die schärfsten Kritiker, da die Noten optisch nicht sehr einladend wirken. Es bleibt meist bei einem Versuch ein Stück vom Blatt zu spielen, der ärgerlich scheitert und ausserdem rein klanglich einen schlechten Eindruck hinterlässt. Vermutlich ist es die Abwesenheit von Legatobogen, die einen harten Eindruck vermittelt. Der Komponist kompensierte das durch eine hochelegante, sehr „musikalische“ wirkende Handschrift… was nichts bringt wenn die Noten gedruckt auf dem Klavier stehen.

Ich werde Ihnen daher im ersten Kapitel zunächst einige Werke vorstellen.